Schmerz vergeht, stolz bleibt oder warum ich laufe

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In den letzten Tagen bin ich sehr viel gelaufen. Größtenteils alleine, aber auf längeren Strecken auch mit anderen Gleichgesinnten. Laufe ich alleine, habe ich viel Zeit zum Nachdenken. Unter anderem stelle ich mir Fragen, wie zum Beispiel, "Warum laufe ich?" oder "Warum tue ich mir das an?". Das ist übrigens auch eine mir sehr oft gestellte Frage. Vielleicht findet ihr die Antworten auf diese Fragen, wenn ihr weiterlest.




Warum also laufe ich einen Marathon mit über 1600 Höhenmetern? Warum nehme ich die Schmerzen während des Laufens, aber vor allem danach in Kauf? Ich bin in diesem Jahr fünf Marathons gelaufen und jeder einzelne tat weh. Der eine mehr, der andere weniger. Mein erster in Hamburg war der emotionalste, ich konnte es nicht glauben, dass ich es geschafft habe, 42.195 Meter zu laufen. Ich war so stolz, es geschafft zu haben. Nie zuvor bin ich so weit gelaufen, von Null auf Marathon in 17 Monaten.

Der zweite in Berlin war der schnellste mit unter vier Stunden. Auch hier musste ich mich irgendwann selbst motivieren, mein Tempo zu halten oder wieder anzuziehen. Am Ende schaffte ich es und war wieder sehr stolz.

Nur drei Wochen später startete ich in Dresden. Es war der bis dato längste Lauf, den ich je absolvierte. 4 Stunden und 43 Minuten war ich unterwegs. Ich überlegte, auf Halbmarathon zu verkürzen, entschied mich aber genau am Scheideweg rechts entlang Halbmarathon, links Marathon, den Ganzen zu laufen. Ich war zwischendrin stehend K.O. Das ist keine Übertreibung. Es ging im wahrsten Sinne des Wortes nichts mehr. Aber auch hier konnte ich mich selbst motivieren. Mit kleinen Schritten zum Ziel. Ich lief mit meiner großen Tochter gemeinsam durchs Ziel. Das hätte ich beim Halben nicht erlebt. Weiter, immer weiter. Was blieb am Ende? Stolz!

Der vierte Marathon war der, mit den vielen Höhenmetern. Knapp zur Hälfte hatte ich auch hier den Gedanken, wieder auf den Halben zu verkürzen. Aber nein, ich quälte mich weitere acht Runden rauf und runter. Insgesamt war ich über sechs Stunden auf den Beinen. Über sechs Stunden meinem Körper alles abverlangen. Was meint ihr, was für ein unbeschreibliches Gefühl es war, als ich die letzte Runde anfing? Von meinen Füßen getragen, lief ich durchs Ziel und war wieder einmal sehr stolz.

Nur neun Tage später stand der nächste Marathon auf dem Plan. 'Nur' 600 Höhenmeter. Es sollte die bis jetzt drittbeste Marathon Zeit werden mit 4 Stunden und 25 Minuten. Wieder stand mir die Freude ins Gesicht geschrieben und wieder war ich stolz, durchgezogen zu haben. Diesmal allerdings, was die Geschwindigkeit betraf.


Dieses Gefühl, an meine körperlichen Grenzen zu stoßen und etwas darüber hinaus, ist ein Gefühl, dass sich nur schwer beschreiben lässt. Nicht aufzugeben, immer weiter, sei der Schmerz auch noch so groß. Am Ende habe ich es immer geschafft, bin dabei mehrmals über mich hinausgewachsen und habe nicht aufgegeben. Wie oft saß der Schweinehund auf meinen Schultern und freute sich, mich gleich bezwungen zu haben. Ich habe ihn immer einmal mehr besiegt und diese Momente sind unbeschreiblich. Ich hätte nie gedacht, einmal einen solchen Ehrgeiz zu entwickeln, der mich so weit und lange antreibt. Und der Spruch, "Schmerz vergeht, Stolz bleibt", trifft es auf den Punkt.

Auf den verschiedenen Veranstaltungen lernst du die Leute kennen, deren Namen du sonst nur auf Teilnehmerlisten liest. Du läufst mit ihnen mehrere Kilometer zusammen, tauschst dich aus, man motiviert sich. Was gibt es schöneres?

Ich bin draußen an der frischen Luft, lasse mir dir den Wind um die Nase wehen, laufe mal schneller, mal langsamer, mache Fotos und erfreue mich an meiner Umgebung. Wenn andere noch schlafen, bin ich schon unterwegs oder bin noch unterwegs, wenn andere Abends zur Ruhe kommen. Ich bin gerne alleine unterwegs, aber auch mit anderen. Laufen ist meine Leidenschaft, die ich nicht mehr missen möchte. Und nicht zuletzt freue ich mich über Anerkennung nach Wettkämpfen. Man kann so viel erreichen, ob kurze oder längere Strecken, gehen oder rennen, schnell oder langsam, kleine Ziele, große Ziele, man muss es nur wollen, das habe ich für mich gelernt. Aus all diesen Gründen und vielleicht noch mehr, laufe ich und tue mir das an.

Das alles geht nicht ohne die Unterstützung meiner Familie. Danke, dass ihr mich an der Strecke anfeuert, mich im Ziel in Empfang nehmt, bei Rundenläufen einfach da seid oder mich bei Trainings unterstützt. Danke für euer Verständnis.

Ich wünsche euch von ganzem Herzen ein erfolgreiches Jahr 2016 und nur das Beste, aber vor allem Gesundheit, denn das ist die Basis für alles.

Sportliche Grüße vom Genussläufer,

René


Das war mein Laufjahr 2015:

170 Aktivitäten
2.145,33 Kilometer
211:44:12 Stunden unterwegs
141.264 Kalorien verbrannt
5 Marathons gefinisht
3 Halbmarathons gefinisht
5 andere Wettkämpfe gefinisht



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