Zehn Stunden beim 29 Stundenlauf in Zehdenick

07:58

Als der Wecker um drei Uhr morgens klingelt, hatte ich Mühen, aufzustehen. Diese Nacht, sowie die Nächte zuvor, kam der Schlaf ziemlich kurz, meine Augen brannten, konnte sie kaum aufhalten. "Bist du dir sicher, dass du dir das antun willst?", fragte meine Frau. "Weiß nicht.", war meine Antwort.
Ich schlich zur Küche, um mir einen Kaffee zuzubereiten, etwas zu essen und machte mich im Bad fertig. Ein Blick in den Spiegel verriet mir, das alles kosmetische keinen Sinn macht, was ich mit einer abwinkenden Handbewegung unterstrich. Ich griff die bereits gepackte Tasche und verließ das Haus mit einer gefühlten 15er Pace. Tatsächlich war ich schneller, so um die 14 Minuten.
Die aufgehende Sonne war schön und Nebel sorgte für eine gemütliche Fahrt. Nächster Halt: Zehdenick.
Nach dem Gang aufs Klo konnte ich erleichtert meine Startnummer in Empfang nehmen und genau um 5 Uhr starten. Zehn Stunden laufen. Auf dem Plan standen heute 50 km, alles drüber gehörte zur Kür. Es ging aber nicht einzig ums Kilometer sammeln, sondern darum, die Stunden in den Beinen zu haben.
Die Idee, ein Sportfest für eine Stadt und Umgebung auszurichten, begeisterte mich schon im letzten Jahr, wo ich ebenso über 50 km am Start war. 40 Ultraläufer waren am Start, davon zwölf Frauen.
Es war ruhig auf der 1,2 km langen Runde, die entlang der Havel und durch die Stadtmitte führte. Das sollte sich später noch ändern… Die sechs Stufen nahm ich locker, aber auch das sollte sich noch ändern.  
Die Sonnenstrahlen auf der Havel-Seite wärmten angenehm und ich drehte entspannt meine Runden. 
Immer wieder kurze Gespräche mit den Leuten, die schon seit dem offiziellen Start am Vortag unterwegs waren. Einigen war der Kampf gegen den inneren Schweinehund anzusehen. In ihren Tiefs hatten sie nicht nur Probleme mit der Temperatur. Sie froren, hatten Magenprobleme, Schwindel und Durchfall, schmerzende Beine und doch zogen sie es bis zum Ende durch. Ich ziehe meinen Hut vor euch. Liebe Grüße Grüße an dieser Stelle an Gritta, Steffen, Stephan, Thomas, Arne.
Claudia und Lukas drehten seit drei Uhr ihre Runden und nutzten diesen Lauf ebenso als Trainingslauf für die 100 Meilen von Berlin im August. Ihr Tempo war einiges schneller, also ziehen lassen. Die letzten drei Runden von Lukas seinem Lauf liefen wir zusammen und konnten endlich mal wieder quatschen.
Um 8:50 Uhr hatte ich die 30 Kilometer geschafft und die Temperaturen ließen es schon eine Weile zu, auch oben kurz zu laufen.

Die Marathon Distanz hatte ich nach 5:27 Stunden erreicht und ich fühlte mich richtig gut. Ich lief „einfach und mühelos“ und war erstaunt, wie entspannt ich lief. Das war nicht selbstverständlich nach den letzten intensiven Wochen, in denen ich kaum lief. Vielleicht war aber auch genau diese Laufpause, trotz allen anderen Herausforderungen, gut für mich. Wenn ich merkte, dass ich zu steif und verkrampft lief, dann schüttelte ich mich einmal und lief ohne jegliche Anspannung weiter. Ein wunderbares Gefühl.
Die Strecke selbst wurde immer voller, und genau wie im letzten Jahr, wurde sie manchmal zum Slalomlauf. Der Bambini- und Jedermannslauf machten es möglich. Hier würde ich mir vom Veranstalter fürs nächste Jahr wünschen, dass die Teilnehmer vorab gebeten werden, sich rechts oder links zu halten und nicht den ganzen Weg in voller Breite einzunehmen.
Alle waren sehr freundlich, selbst der Klodeckel lächelte mich an.
Die Versorgung fand ich gut. Getränke wurden auf Wunsch immer eingeschenkt, bzw nachgefüllt. Kleine Häppchen oder Brotscheiben wurden geschmiert, Obst gereicht oder aber auch Pasta. Für meine Bedürfnisse hatte all dies ausgereicht. Danke dafür.
Die 50 Trainingskilometer hatte ich nach 6,5 Stunden voll und alles weitere sollte nun ein Zubrot sein. An der Strecke war es nicht langweilig, es gab immer was zu sehen. Drachenbootrennen, Fußballturnier, Gottesdienst unter freiem Himmel oder Gäste von Restaurants und Cafe’s auf der Straße.
Kilometer 65: Ich gönnte mir eine große Eistüte mit Erdbeeren und fetter Sahne oben drauf. Das war unglaublich lecker und die hatte ich mir verdient.  
Eine weitere Belohnung versprach ich mir schon am Morgen. Die letzten 30 Minuten oder aber mindestens die letzten zwei Runden werde ich barfuß oder mit Sandalen laufen. Ich entschied mich für barfuß. Die Strecke konnte ich ja vorher lange genug inspizieren. Kein Glas oder ähnliches konnte ich sehen. Das war so schön nach 70 Kilometern in Schuhen. Eine Massage, ein Wohlfühlprogramm, Entspannung. Einfach unbeschreiblich.
Nach über 73 gelaufenen Kilometern beendete ich den Lauf gegen 14:50 Uhr. Ein für mich erfolgreicher Lauf, mit viel Spaß an und auf der Strecke. Ich konnte einiges für mich austesten und dieser Lauf hat mich für die 100 Meilen sehr optimistisch gestimmt. Ein tolles Gefühl. 
Die eine Stunde bis zur Siegerehrung verbrachten wir zusammen im Zelt, redeten, bekamen Besuch von Jörg und seiner Tochter und ich konnte mich eine Weile mit Saskia unterhalten, die maßgeblich an der Ausrichtung der 29 Stunden von Zehdenick beteiligt war und viele Menschen ‘bewegte’. Danke dafür und auch an die Helfer-Elfen  

Der Lauf in Zahlen:
Distanz: 73,3 km
Zeit: 9:48:16 h:m:s
Kalorien: 4978
Ø Pace: 8:01 min/km
Ø Pace in Bewegung: 7:32 min/km

Danke fürs lesen und bis zum nächsten Mal,
Der Genussläufer René

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1 Kommentare

  1. Ronny Krause
    Verrückt, aber trotzdem absoluten Respekt. Herzlichen Glückwunsch.
    Super Zusammenfassung hat wieder Spaß gemacht zu lesen.

    Kathleen Stempka
    Ach Rene super gemacht 🤘👍🏼🤞 Hauptsache deine Basis ist wieder genesen und bei dir zu Hause 💗 toll geschrieben und ich bin schon so auf August gespannt 🤞

    Eve Lyn
    Verrückt ! Respekt ! Unglaublich beeindruckend was es alles gibt. Was der Mensch alles schafft. Was du alles kannst ! Wie kommt man auf sowas ? Wie schafft man denn sowas ? Gratulation & ganz viel Respekt von mir ! Ich ziehe meinen Hut vor deiner Kondition und deiner Power ! Lg und die Idee mit dem Eis spitzen klasse 👍😂🍦... schon mal an nen Jobwechsel als Personal Trainer gedacht ! 😉Lg

    Jens Oldenburg Ick fands da Klasse. Is mein Ziel für nächstes Jahr. Erstmals 100km

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